Es gab ein Gespräch mit Tomas Bunk im Bier- und Oktoberfestmuseum, das ich mir keinesfalls entgehen lassen wollte.
Tom Bunk hatte vor zwei Jahren schon eine Ausstellung im Amerikahaus und wurde mit dem Peng!-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Jetzt kam er nochmal nach München. Wer ist Tom Bunk? Am ehesten werden ihn Leute kennen, die sich mit deutschen Underground-Comix der 1970er Jahre auskennen. Er wurde angekündigt als der einzige deutsche Zeichner, der es in den USA geschafft hat. Er arbeitet seit etwa 30 Jahren für das amerikanische MAD und macht dort vor allem Wimmelbilder, auch solche, die als Filmparodien funktionieren. Ich glaube, im deutschen MAD, jedenfalls in der Klaus-Recht-Zeit, war er nicht so häufig vertreten.
Bunk ist - er möge mir das verzeihen - ein verhutzeltes altes Männchen, aber hellwach, sympathisch und offenbar der alten Heimat immer noch verbunden (er lebte auch mal in der Nähe von München). Wie er erzählte, hat MAD-Herausgeber Bill Gaines vor seinem Tod den Verlag an Warner verkauft; deshalb fürchtet er, die Redaktion werde früher oder später nach L.A. umziehen müssen. Es sei aber ein typisches New Yorker Phänomen. Er könne sich MAD eigentlich nur in dieser Stadt vorstellen.
Er hat nochmal erzählt, wie Art Spiegelman ihm half, als er ganz neu in New York war. Er hat ihm insbesondere den Job vermittelt, für den er am bekanntesten ist: die "Garbage Pail Kids" auf Kaugummipapier für den Verlag Topps. Damit habe er Karten über Waisenkinder parodiert. Wegen dem Horror-Stil wurden die Bilder in Deutschland sehr schnell verboten und sind hier fast unbekannt. In USA waren sie dagegen ein Riesenerfolg - Schüler tauschten sie wie wild und benutzten sie, so Bunk, "um damit Mädchen zu ärgern". Bei seiner vielen Arbeit habe er erst gar nicht gemerkt, wie populär sie wurden, aber irgendwann habe er beim Einkaufen gemerkt, daß sie wirklich überall herumlagen. Noch heute werden die Karten aufgelegt, verkaufen sich aber natürlich nicht mehr so gut wie damals. Aber er bekomme nach wie vor viel Fanpost, sagte Bunk. Heute lebe er teils auch vom Verkauf der Originalzeichnungen - das ist in USA etwas übliches für Comiczeichner.
Bei Spiegelmans "Maus" erhebt er den Anspruch, für eine angemessene deutsche Übersetzung gesorgt zu haben. Er habe bei der deutschen Fassung gesehen, daß der Übersetzer die mit Jiddisch versetzte Sprache des Vaters nicht übertrug. Nachdem er Spiegelman darauf aufmerksam gemacht hatte, verlangte der eine neue Übersetzung. Teils habe er auch selbst an der Übersetzung gearbeitet, aber er sei ja kein professioneller Übersetzer. Die aktuelle Fassung bei Rowohlt lasse den Vater aber so reden wie im englischen Original.
Bunk sagte, allerdings mit verschmitztem Lächeln: "Mein Leben ist unglaublich langweilig." Er arbeite jeden Tag. In seiner Wohnung in New Rochelle habe er ein Studio unterm Dach. Dort fühle er sich wohl und sitze von mittags bis etwa 20 Uhr am Zeichenbrett. Für ein Wimmelbild brauche er oft ewig. Er sammle Ideen, schneide die Skizzen aus und collagiere sie, und tagelang komme immer mehr Neues hinzu. Am Ende zeichne er das ins Reine - übrigens alles ohne Computergrafik. Er brauche mitunter zwei Monate für ein Wimmelbild. "Ich fühle mich wohl beim Schnipseln, und so werde ich älter", sagte er, wieder augenzwinkernd. MAD gebe ihm meist zunächst einen kleinen Platz im Heft. Wenn das Wimmelbild soweit gediehen sei, sehe der Redakteur, daß er Bunk eine Doppelseite dafür geben müsse. Wenn er ein Wimmelbild zu einem Kinofilm mache, habe er natürlich eine strenge Deadline; dann verursache ihm das sehr viel Streß. Ein englisches Wort für "Wimmelbild" gibt es seiner Ansicht nach nicht. Teilweise sei von einem "crowded picture" die Rede, teils verwendeten auch die US-Kollegen das Wort "Wimmelbild".
Ein sehr nettes Gespräch in angenehmer Atmosphäre.
Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »Peter L. Opmann« (1. Juni 2017, 15:32)